Strafrechtliche Risiken für Notare

Welche strafrechtlichen Risiken gibt es für Notare? Wir stellen zentrale Aspekte vor – insbesondere die Rechtsprechung des BGH zur Beihilfe durch beruftypische Handlungen.

Kaum ein Beruf wird so sehr mit Seriosität verbunden, wie der des Notars. Gleichwohl gibt es immer wieder auch Berührungspunkte zum Strafrecht und eigenständige strafrechtliche Risiken. So gibt es durchaus einige strafbare Vorgehensweisen, welche die Einbeziehung eines (gutgläubigen) Notars voraussetzen. Entsprechend besteht auch ein Risiko, zu Unrecht in den Verdacht strafrechtlich relevanten Handelns zu geraten. Im Folgenden sollen daher einige herausgehobene Aspekte und Deliktsbereiche näher beleuchtet werden:

§ 348 StGB: Falschbeurkundung im Amt

§ 348 StGB stellt die Falschbeurkundung im Amt unter Strafe. Nach dieser Vorschrift ist strafbar, wer als Amtsträger, der zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt ist, innerhalb seiner Zuständigkeit eine rechtlich erhebliche Tatsache falsch beurkundet oder in öffentliche Register, Bücher oder Dateien falsch einträgt oder eingibt. Die Strafbarkeit erstreckt sich nur auf die Beurkundung solcher Tatsachen, auf die sich die volle Beweiskraft für und gegen jedermann bezieht (vgl. instruktiv: Hans. OLG Hamburg , 17.05.2010, 2 Ws 160/09).

Die Vorschrift erfasst die vorsätzliche Falschbeurkundung. In Bezug auf Notare dürfte sie – soweit dies ersichtlich ist – ein Schattendasein fristen.

Korruptionsdelikte, §§ 331 ff. StGB

Notare sind Amtsträger i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2b StGB und als solche taugliche Täter der Bestechlichkeitsdelikte. Dass ein Notar sich strafbar macht, wenn er Vorteile für (rechtswidrige) Amtshandlungen annimmt, dürfte sich von selbst verstehen. Der Anwendungsbereich der Korruptionsdelikte kann jedoch durchaus weiter sein, wie etwa eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2018 (Urteil vom 22. März 2018, StR 566/17) verdeutlicht. Im zugrundeliegenden Fall war ein Notar mit einem Immobilienmakler übereingekommen, dass er nur die Hälfte der gesetzlichen Gebühren geltend machen würde. Im Gegenzug beauftragte der Makler den Notar immer wieder über längeren Zeitraum mit Beurkundungen. Den landgerichtlichen Freispruch hob der BGH auf: in der Erteilung eines Beurkundungsauftrages, auf welchen der Notar keinen Anspruch habe, liege ein Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. StGB. Die Gebührenunterschreitung stelle auch eine pflichtwidrige Diensthandlung dar. Soweit beide in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stünden, komme eine Strafbarkeit in Betracht.

Geldwäsche nach § 261 StGB und Geldwäschegesetz

Der Tatbestand der Geldwäsche hat Konjunktur. § 261 StGB ist jüngst erneut ausgeweitet worden LINK. Insbesondere ist die Bezugnahme auf einen Katalog von Vortaten entfallen. Dies bedeutet eine ganz wesentliche Ausweitung der Strafbarkeit. Grundsätzlich kommt auch eine Beteiligung an den Straftaten Dritter in Betracht. Dies setzt allerdings selbstverständlich Kenntnis von näheren Umständen der zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte voraus, woran es vielfach fehlen wird. Allerdings kann die subjektive Abgrenzung insofern durchaus schwierig sein (siehe hierzu näher unten). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass § 261 Abs. 6 StGB eine Strafvorschrift für leichtfertiges Verhalten enthält.

Notare sind auch Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG. Die Verletzung der hiernach bestehenden umfangreichen Pflichten aus dem Geldwäschegesetz ist ganz überwiegend auch bußgeldbewehrt. § 56 GwG enthält insofern eine umfassende, schier undurchdringliche Bußgeldvorschrift – insoweit genügt ein Blick auf die allein 74 Nummern (!) des § 56 Abs. 1 GwG.

Beruftypische Handlung und Beihilfe?

Die Möglichkeit einer Beteiligung an fremden Straftaten ist bereits oben mit Blick auf die Geldwäsche angeschnitten worden. Dies kann selbstverständlich auch Notare im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit betreffen. Entscheidend ist dies eine Frage der subjektiven Voraussetzung; die Abgrenzung eines neutralen, berufstypischen Verhaltens zur strafbaren Teilnahme ist dabei hochgradig diffizil.

Der BGH (Beschluss vom 20.9.1999 – 5 StR 729/98) hat die zugrunde liegenden Maßstäbe wie folgt umschrieben:

„Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten […]. In diesem Fall verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter”; es ist als „Solidarisierung” mit dem Täter zu deuten (LK-Roxin 11. Aufl., § 27 Rn. 19) und dann auch nicht mehr als „sozialadäquat” anzusehen (vgl. Löwe-Krahl wistra 1995, 201, 203). Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung ‚die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein‘ ließ.“

Ein Verstoß gegen berufsrechtliche Pflichten oder sonstige Pflichten des Notars kann im Rahmen dieser Abwägung herangezogen werden.

Betrügerische Immobiliengeschäfte

 Diese Abgrenzung kann etwa relevant werden im Zusammenhang mit betrügerischen Immobiliengeschäften. Im Bereich der sogenannten Schrottimmobilien sind etwa durchaus Ermittlungsverfahren gegen angeblich beteiligte Notare geführt worden. Die erforderlichen subjektiven Voraussetzungen können sich dabei insbesondere aus einer Einbindung in ein ganzes Geschäftsmodell oder die näheren Umstände der Beurkundungen („Mitternachtsnotare“) ergeben (vgl. insofern BGH, Beschluss v. 2. Juli 2014, 5 StR 182/14). Die Abgrenzung ist dabei aber – wie schon die Formulierung des BGH zeigen – durchaus unscharf. Hinzu kommt, dass eine erste Beurteilung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens allein der Staatsanwaltschaft zukommt. Diese entscheidet, ob sie genügend tatsächliche Anhaltspunkte für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erkennt. Gleichwohl dürften sich Ermittlungsverfahren in diesem Bereich auf Fallgestaltung beschränken, in denen eine besondere Nähebeziehung zu den übrigen Beschuldigten in der besonders auffällige Gesamtumstände vorlagen. Nach der bereits zitierten Entscheidung des BGH kann auch eine Strafbarkeit des Notars wegen Untreue, insbesondere aufgrund einer fehlenden Aufklärung über Rechtsfolgen, in Betracht kommen.

Insolvenzstrafrecht

Auch im Bereich des Insolvenzstrafrechts – etwa in Bezug auf eine sogenannte Firmenbestattung – kann sich die Frage nach einer Beihilfestrafbarkeit des Notars stellen. Auch hier gilt, dass diese auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben dürfte. In strafrechtlicher Hinsicht ist ein Notar nicht verpflichtet, etwa detaillierte Informationen zu Hintergründen einer Übertragung von Geschäftsanteilen einzuholen. Auch nur ein Anfangsverdacht dürfte insofern ausscheiden.

Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn der Notar vor offensichtlichen Sachverhalten die Augen bewusst verschließt. Dies kann etwa in Betracht kommen, wenn eine Vielzahl von Anteilsübertragungen an Personen erfolgt, die die wirtschaftliche und rechtliche Tragweite ihres Handelns nicht erfassen. Jede Einbindung des Notars in ein Geschäftsmodell, etwa wiederholte und regelmäßige Beurkundungen, deren Hintermänner zu den Beschuldigten zählen, wird insofern negativ zu gewichten sein. Gleiches gilt für Pflichtverstöße: wird etwa wahrheitswidrig die Anwesenheit einer Person beurkundet, kann dies als massives Indiz für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands herangezogen werden.

Zusammenfassung

Strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Notare sind höchst selten. Gleichwohl besteht in einigen Bereichen ein relevantes Risiko, in den Blick der Strafverfolgungsbehörden zu geraten. Die Abgrenzung zwischen einer straflosen neutralen Handlung und einer strafbaren Beihilfe ist dabei nach der Rechtsprechung des BGH äußerst unscharf.