Insolvenzantragspflicht in der CoVID19-Pandemie

Strafrechtliche Bedeutung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wg. der CoVID19-Pandemie

Die CoViD 19 Pandemie hat seit dem März 2020 zu ungekannten wirtschaftlichen Verwerfungen geführt. Der Gesetzgeber hat hierauf mit einer Reihe von weitreichenden Maßnahmen reagiert, insbesondere auch im Insolvenzrecht mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. So ist zentral die in § 15a InsO geregelte Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrag in Bezug auf mit der aktuellen Krise zusammenhängende wirtschaftliche Schwierigkeiten ganz erheblich zurückgenommen bzw. eingeschränkt worden. Dies hat selbstverständlich auch für das Insolvenzstrafrecht Bedeutung. Die Strafnorm des § 15 Abs. 3 InsO knüpft ausschließlich an die zivilrechtliche Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags an. Daher ist auch unter insolvenzstrafrechtlichem Fokus ein Blick auf die aktuellen Sonderregelung geboten. Dies soll insbesondere aufzeigen, wo relevante Strafbarkeitsrisiken verbleiben.

Keine vollständige Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Entgegen auch einem teilweise in den Medien vermittelten Eindruck ist die Insolvenzantragspflicht nie vollständig ausgesetzt worden. Die beschlossenen Einschränkungen waren zwar sehr weitreichend und zudem von ebenso weitreichenden Vermutungsregelungen begleitet.  Der Gesetzgeber hat dabei für unterschiedliche Zeiträume unterschiedliche Ausnahmeregelungen geschaffen. Stets verblieb jedoch ein Anwendungsbereich der Insolvenzantragspflicht. Dies bedeutet, dass im Grundsatz auch eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung denkbar blieb.  Insbesondere die jeweils geltenden Regelungen und zeitlichen Abläufe sind dabei präzise in den Blick zu nehmen.

Gesetzgebung im März 2020

Durch Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrechts vom 27. März 2020, ist die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO ausgesetzt worden. Die Regelung lautet in ihrem Kern wie folgt:

„Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARSCoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.“

Daneben wurden Vermutungsregelungen geschaffen, nach welchen jeweils gegen ein Vorliegen der Ausnahmetatbestände sprechende Vermutungen galten. So wurde vermutet, dass die Insolvenzreihe auf die aktuelle Krise zurückging und Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestanden. Diese Vermutungen sind jedoch widerleglich. Insbesondere wenn Insolvenzgründe nachweislich schon vor dem März 2020 bestanden, wird es bei einer Strafbarkeit verbleiben.

Insolvenzantragspflicht im Zeitraum März bis September 2020

Diese Regelungen fanden von März bis September 2020 Anwendung. Eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung wird in diesen Fällen, soweit ein auch nur mittelbarer Zusammenhang zur Pandemie besteht, nur schwerlich zu begründen sein. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die wirtschaftlichen Folgen so gravierend waren, dass eine Aussicht auf Besserung der Lage und auf eine Beseitigung der Insolvenzgründe nicht bestand. Dies wird etwa in Betracht kommen, wenn der Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt worden ist. In der Retrospektive wird insoweit das weitere wirtschaftliche Schicksal des betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen sein.

Insolvenzantragspflicht ab Oktober 2020

Von Oktober 2020 an sind die beschriebenen Einschränkung der Antragspflicht weiter zurückgenommen worden. Anwendung fanden diese nunmehr auf Fälle der Überschuldung, nicht mehr solche der Zahlungsunfähigkeit. Im letztgenannten Fall galt nunmehr vom 1. Oktober an wieder die Insolvenzantragspflicht.

Im Zusammenhang mit der Gewährung der sogenannten Novemberhilfen ist dann zum 1. Januar 2021 in weitere Sonderregelung geschaffen worden, nach welcher die Antragspflicht für solche Unternehmen ausgesetzt wurde, welche entsprechende Hilfen beantragt hatten. Vorraussetzung war allerdings, dass die Gewährung der Zuwendungen nicht ausgeschlossen war und diese  zur Beseitigung der Krise geeignet waren.

Die komplexe Fassung der Einschränkung führt zu ganz wesentlicher Unsicherheit, gerade auch in der strafrechtlichen Bewertung.  Auch unter dem Gesichtspunkt des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 103 GG) ergeben sich durchaus Bedenken.

Rechtslage ab Mai 2021

Die Maßnahmen sind zum 01. Mai 2021 ausgelaufen. Nunmehr gelten die Regelungen zur Insolvenzantragspflicht ohne Einschränkungen.

Ausblick

Die Zahl der im Jahr 2020 gestellten Insolvenzanträge ist vergleichsweise gering. Dies kann allein durch die beschriebenen Sonderregelung zu erklären sein. Die insolvenzstrafrechtliche Aufarbeitung der Krise steht damit erst bevor. Welche Leitlinien sich in der Praxis der Strafverfolgungsbehörden insoweit ergeben werden, bleibt abzuwarten. Eine strafrechtliche Ahndung ist für den Zeitraum seit März 2020 zwar eingeschränkt, allerdings – auch entgegen mancher Medienberichte – nicht ausgeschlossen. Den entsprechenden Strafnormen verbleibt ein nicht unerheblicher Anwendungsbereich.