Unternehmensgeldbuße bei Rechtsnachfolge

Die Unternehmensgeldbuße nach § 30 OWiG stellt bereits heute ein praktisch bedeutsames Instrument dar.

Das Ordnungswidrigkeitenrecht sieht in § 30 OWiG die Möglichkeit der Unternehmensgeldbuße vor. Diese Vorschrift ermöglicht es, eine Geldbuße gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen zu verhängen, wenn eine Leitungsperson Straftaten oder Ordnungwidrigkeiten begeht, durch welche Pflichten des Unternehmens verletzt werden. BGH hat sich nunmehr in einer jüngeren Entscheidung (Beschluss vom 23. März 2021 – 6 StR 452/20) der Frage gewidmet, unter welchen Voraussetzungen eine Unternehmensgeldbuße auch gegen einen Rechtsnachfolger verhängt werden kann.

Unternehmensgeldbuße

Die Verortung der Unternehmensgeldbuße im Ordnungswidrigkeitenrecht sollte nicht über die Tragweite des Rechtsinstituts hinwegtäuschen. Bereits nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 OWiG beträgt das Höchstmaß der Geldbuße bei einer vorsätzlichen Straftat bis zu 10 Millionen €. Liegt der Anordnung eine Ordnungswidrigkeit der Leitungsperson zugrunde, bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße nach dem für die Ordnungswidrigkeit bestimmten.

Voraussetzung der Unternehmensgeldbuße stets, dass eine der in Abs. 1 Nr. 1 – 5 genannten Leitungsperson eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begeht, welchen in den Pflichtenkreis des Unternehmens fällt. Es muss sich um unternehmensbezogene Straftaten handeln. Exemplarisch sei etwa auf Bestechungsstraftaten verwiesen, welche im Interesse des Unternehmens der Auftragsgewinnung dienen sollen.

Zu beachten ist darüber hinaus insbesondere, dass § 30 Abs. 3 OWiG auf die Vorschrift des § 17 Abs. 4 OWiG verweist. Hiernach kann das Höchstmaß einer Geldbuße überschritten werden, wenn der wirtschaftliche Vorteil, der aus der Ordnungswidrigkeit gezogen worden ist, dieses Höchstmaß übersteigt. Die Geldbuße soll jedenfalls höher liegen als der erzielte wirtschaftliche Vorteil.

Problematik der Rechtsnachfolge

Die Unternehmensgeldbuße richtet sich gegen dasjenige Unternehmen, deren Leitungspersonen gehandelt haben. In der Vergangenheit sind verschiedentlich Versuche unternommen worden, der Verhängung einer Unternehmensgeldbuße durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung zu begegnen. Eine Verhängung gegen den Rechtsnachfolger war mangels entsprechender Rechtsgrundlage zeitweise nicht möglich.

Der Gesetzgeber hat dieses Schlupfloch durch Einführung der Vorschrift des § 30 Abs. 2a OWiG geschlossen. Diese sieht nunmehr auch die Verhängung der Unternehmensgeldbuße gegen einen Rechtsnachfolger vor. Diesen soll auch die Verantwortlichkeit nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht treffen.

Sonderproblem bei Rechtsnachfolge: Rückwirkungsverbot und Unternehmensgeldbuße?

Der BGH hatte nunmehr eine Sonderkonstellation zu entscheiden: Die Vorschrift des § 30 Abs. 2a OWiG ist zum 30. Juni 2013 in Kraft getreten. Im zur Entscheidung stehenden Fall war die zugrunde liegende Straftat jedoch bereits vor diesem Zeitpunkt begangen. Die Verschmelzung des betroffenen Unternehmens auf die nunmehr belangte Rechtsnachfolgerin erfolgte demgegenüber nach diesem Zeitpunkt.

Dies erwies sich vor dem Hintergrund des Rückwirkungsverbots aus Art. 103 Abs. 2 GG als durchaus problematisch. Auch der BGH weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Unternehmensgeldbuße durchaus eine strafähnliche Sanktion enthalte. Gleichwohl sei – so der BGH weiter – die Anwendung im vorliegenden Fall auch vor dem Hintergrund des Rückwirkungsverbots zulässig. Insofern reiche es aus, wenn die Vorschrift bei Eintritt der Rechtsnachfolge bereits in Kraft getreten sei. Auf den Tatzeitpunkt komme es insofern nicht entscheidend an. Denn § 30 Abs. 2a OWiG enthalte keinen eigenständigen Ahndungstatbestand, welcher uneingeschränkt am Rückwirkungsverbot zu messen sei. Vielmehr handele es sich um eine gleichsam wertneutrale Vorschrift, welche nur der Überleitung einer Verantwortlichkeit diene. Sie könne als bloße „Überleitnorm“ begriffen werden. Maßgeblich sei daher der Zeitpunkt der Rechtsnachfolge, nicht derjenige der Tatbegehung.

Unternehmensstrafrecht?

Das gesetzgeberische Ansinnen, einen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmissbrauch zu verhindern, welcher allein der Abwehr einer Unternehmensgeldbuße dient, ist im Grundsatz verständlich. Es sollte gleichwohl nicht verkannt werden, dass – wie selbst der BGH hervorhebt – § 30 OWiG eine echte strafähnliche Sanktion enthält. Sie kann finanziell ganz erhebliche Dimensionen annehmen. Dies spricht dafür, auch an das Rückwirkungsverbot hohe Anforderungen zu stellen.

Unternehmensgeldbußen wird in Zukunft immer größere Bedeutung zukommen. Dies gilt insbesondere, sofern ein echtes Unternehmensstrafrecht geschaffen werden wird. Gerade mit Blick auf die entsprechenden Gesetzentwürfe und die geplanten gesetzlichen Neuregelung kommt auch der vorliegenden Entscheidung zur Anwendbarkeit bei der Rechtsnachfolge große Bedeutung zu.